Reproduktion von Teilen für ein Ju 388-Cockpit

Seit einiger Zeit befasse ich mich mit den Möglichkeiten, Instrumente und Bauteile für ein Ju 388-Cockpit originalgetreu nachzubauen. Viele originale Instrumente kann man auf den üblichen Wegen nach wie vor beschaffen, bei selteneren Stücken jedoch oft nur noch zu horrenden Preisen. Größere Strukturen wie einzelne Instrumentenbretter, Konsolen oder Schalttafeln hingegen sind hingegen de facto nicht mehr verfügbar.

Selbstverständlich haben statische Nachbauten von Instrumentenbrettern einen großen Reiz - doch einen hauptberuflichen Systemingenieur im Bereich Ergonomie reizt natürlich auch die dynamische Simulation der Vorgänge im Cockpit. Die Wiederinbetriebnahme der meisten einfachen elektrischen Anzeiger stellt keine großen Schwierigkeiten dar, da in diesen meist einfach Drehspulmeßwerke mit Spannungsteilerschaltung verbaut wurden. Diese Technik ist so robust, daß die Instrumente und Geber erstaunlicherweise oft auch nach mehr als 70 Jahren noch ohne Probleme funktionieren. Mit einem handelsüblichen 24V-Netzteil und dem entsprechenden Sensor kann man so beispielsweise den Temperaturanzeiger Fl 20349 ohne weiteres wieder einsetzen.

Ich will im folgenden kurz auf die verschiedenen Möglichkeiten zur Reproduktion von Einzelteilen für historische Instrumente eingehen.

 

Zifferblätter

Metallblankes, reproduziertes Zifferblatt für Fl 22320

Das obige Foto zeigt ein originalgetreu reproduziertes Zifferblatt für den Fein-Grob-Höhenmesser Fl 22320 (R. Fuess, Berlin-Steglitz), das im wesentlichen baugleich mit dem Zifferblatt für den Fl 22322 ist. Um die Präzision und Maßhaltigkeit zu zeigen, ist es hier in einem Originalgerät eingebaut.

Für die Reproduktion der im Original tiefgeprägten Ziffern und Skalenstriche wurde aufwendig eine Vektorgrafik angefertigt, die dann zum Gravieren einer Trägerplatte aus Aluminium benutzt wurde. Der Aufwand, den man hierfür treiben muß, ist erheblich, da die verwendeten Ziffern sich zwar grundsätzlich an die Mittelschrift nach DIN 1451 (alt) anlehnen, im Detail aber doch so stark von den derzeit verfügbaren True Type-Fonts abweichen, daß man letztlich jede einzelne Ziffer nachkonstruieren muß.

Bei Zifferblättern, die keine geprägten, eingeschlagenen oder gravierten Elemente enthalten, kann man im ersten Schritt bzw. für einfache Nachbildungen die entsprechenden Grafik-Dateien auf mattem Fotopapier ausbelichten lassen, wie ich es in untenstehendem Beispiel für den Sauerstoff-Druckmesser Fl 30496 (Schäffer und Budenberg, Magdeburg) getan habe. Wie das zum Vergleich aufgelegte beschädigte originale Zifferblatt zeigt, ist das Ergebnis recht gut. Die Hauptschwierigkeit hierbei ist, die exakte Größe des verwendeten Fotopapiers zu kennen, und schließlich sollte man auch noch den genauen Farbton des Zifferblattes treffen.

 

Gehäuse

Bis vor kurzem standen für die Reproduktion von Instrumentengehäusen nur verschiedene Abformverfahren zur Verfügung, mit denen man (Teil-)Abgüsse, meist aus Epoxidharz, anfertigen konnte. Das vermehrte Aufkommen von 3D-Druckdiensten ermöglicht jedoch mittlerweile einen weiteren, wenngleich ebenfalls zeitaufwendigen Weg, den ich hier kurz skizzieren möchte. Man benötigt dazu lediglich ein 3D-fähiges CAD-Programm wie beispielsweise ViaCAD, und idealerweise ein originales Gehäuse, sowie einen Meßschieber. Mit etwas Geduld kann man so in einigen Stunden - hierfür bieten sich besonders dunkle Winterabende an - ein 3D-Modell des zu reproduzierenden Gehäuses anfertigen. Im Bild unten wurde das Gehäuse eines Temperaturanzeigers Fl 20343 (Hartmann und Braun, Frankfurt) anhand eines originalen Bodenfundes rekonstruiert.

 Ansicht eines rekonstruierten Gehäuses in ViaCAD

Das fertige 3D-Modell kann man nun bei einem der gängigen 3D-Druckdienste, wie z.B. i.materialise, hochladen. Hierzu muß man es vorher ggf. noch in eins der gängigen Formate wie .stl umwandeln. Die meisten Dienstleister bieten eine ganze Reihe von Materialien für den 3D-Druck zur Auswahl. Für einen ersten Probedruck empfiehlt sich aufgrund der vergleichsweise geringen Kosten zunächst lasergesintertes Polyamid. Anhand des so erstellten Prototypen kann man dann ggf. noch Anpassungen am 3D-Modell vornehmen. Für die Reproduktion von Bakelit-Gehäusen hat sich das Material "Prime Gray" als relativ zweckmäßig erwiesen, da es von der Dichte her ähnlich ist und optisch auf den ersten Blick fast die Qualität von Spritzguß erreicht.

Reproduziertes Gehäuse für Fl 30496 mit originalem Innenleben

Im Bild oben ist ein in diesem Material reproduziertes, noch unlackiertes Gehäuse für den bereits erwähnten Sauerstoff-Druckmesser Fl 30496 zu sehen, in das Teile des originalen Meßwerkes montiert wurden. Maßhaltigkeit und Stabilität sind hervorragend.

Natürlich kann man das hier beschriebene Verfahren nicht nur zur Reproduktion kompletter Gehäuse, sondern auch zur Erstellung von Ersatzteilen verwenden. Ich bin seit einigen Jahren im Besitz eines unvollständigen Fein-Grob-Höhenmessers Fl 22320 (R. Fuess, Berlin-Steglitz), bei dem einer der Vorbesitzer zwei der Halteösen entfernt hat. Mit Hilfe des 3D-Drucks konnte ich nun endlich passende Ersatzteile herstellen, die sich prinzipiell auch für alle anderen großen Instrumente (79 mm Durchmesser) eignen:

Reparaturöse für 79 mm Instrument

Einen Teil meiner in 3D rekonstruierten Gehäuse und weitere Ersatzteile habe ich direkt bei i.materialise freigegeben, wo sie von Interessierten bestellt werden können.

 

Griffe und Bedienelemente

Auch bei der Reproduktion von Griffen und Bedienelementen kann man auf CAD-Programme oder Anwendungen zur 3D-Modellierung zurückgreifen. Exemplarisch zeige ich im folgenden den rekonstruierten Griff für den Starterschalter Fl 21214-2, der im Original so gut wie nicht mehr beschaffbar ist.

Je nachdem, für welche Zwecke man die Reproduktion benötigt und wie viel Budget man zur Verfügung hat, kann man diesen Griff nun entweder in Metall 3D-drucken lassen (leider bieten gängige Dienste derzeit nur Messing, Bronze oder Edelmetalle an, kein Aluminium), oder auf die preiswerte Alternative aus Kunststoff zurückgreifen.

Druck des Griffs in Messing, Vergleich mit Original

Der Vergleich mit dem etwas betagten und leicht beschädigten Original im Hintergrund zeigt auf beeindruckende Weise, was mit 3D-Druck derzeit bereits möglich ist. Bei dem in Kunststoff (Prime Gray) gedruckten Kunststoffgriff im unteren Bild sind nur minimale Nacharbeiten mit Schleifpapier notwendig.

Vergleich des in Kunststoff gedruckten Griffs mit dem Original

 

Schalttafeln und Konsolen

Das Bild unten zeigt einen ersten Testzusammenbau der Schalttafel V1020 im Cockpit der Ju 388 L-1, die sich an der rechten Seitenwand rechts neben den Schaltern für die Kraftstoffpumpen befindet. Mit dieser Schalttafel kann man unter anderem die Luftschrauben-Enteisung, die Landescheinwerfer, die Kennleuchten und die Staurohr-Heizung bedienen. Die beim Reproduzieren angewendeten Techniken sind im Prinzip die gleichen wie bei den Zifferblättern (siehe oben), die verbauten Schalter und Schrauben sind Originalteile.

Besonders interessant an dieser Schalltafel ist, daß sie identisch mit der in Junkers Ju 388 K-0 und der nie realisierten Ju 388 K-1 Serie verwendeten ist. Entsprechend sind die Aussparungen für den Schalter zum Öffnen der Bombenklappen und das zugehörige Schauzeichen zwar vorhanden, werden aber noch mit Blinddeckeln verschlossen. Außerdem sind die entsprechenden Gravuren nicht ausgelegt.

Ju 388 V1020 Control Panel

© 02.04.2016 by Dr. Christoph Vernaleken. This article may not be published - as whole or in excerpts - in any form without written permission of the author